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[php] [offtopic] Tagessatz php-Programmierer

[php] [offtopic] Tagessatz php-Programmierer

Björn Schotte php_(at)_phpcenter.de
Thu, 29 Aug 2002 17:16:01 +0200


* Stephan Heise wrote:
> Honorar ansetzen sollte. Hat jemand Tipps, Links oder Buchempfehlungen zum
> Thema Freiberuflich tätig?

Ich will mich selbständig machen, weiß aber nicht welchen
Preis ich für meine Arbeiten verlangen soll?

Eins vorneweg: dieses Kapitel kann dir weder allzu konkrete
Hinweise geben noch eine umfassende Beratung liefern. Allerdings
möchten wir dir Hinweise geben, wo du umfassende Beratung finden
kannst und wo es Anhaltspunkte gibt, die dir deine Preiskalkulation
erleichtern.

Es kommt gerade in der IT-Branche oft vor, dass man sich in
jungen Jahren selbständig machen und ein paar PHP-Projekte
machen will. Dabei vergessen viele oft aufgrund mangelnder
Erfahrung oder mangelndem Wissen, dass es eine Vielzahl an
Dingen zu beachten gilt.

Um als Einzelperson tätig zu werden, benötigst du zunächst
einen Gewerbeschein. Den bekommst du auf dem Gewerbeamt
deiner Verwaltungsgemeinschaft oder auf dem Gewerbeamt deiner
Stadt. Dieser Gewerbeschein kostet ein paar EUR an Gebühren
und berechtigt dich, ein Gewerbe zu führen. Es gibt zuweilen
das Gerücht, dass man statt einer Gewerbeanmeldung als
Freiberufler arbeiten kann und dann gewisse Annehmlichkeiten
(keine Gewerbesteuer, Mitgliedschaft in der Künstlersozialkasse),
aber auch Nachteile (keine Vorsteuerabzugsberechtigung) hat.
Vergessen kann man dies insofern, da nur bestimmte Berufsgruppen
als Freiberufler anerkannt werden. Softwareentwicklung hat
kaum bzw. keine Chancen, in die Kategorie "Freiberufler"
eingeteilt werden zu können.

Nach der Gewerbeanmeldung bekommst du Post vom zuständigen
Finanzamt, das dir eine Steuernummer zuteilt. Eventuell bekommst
du Post von der Krankenkasse, da du dich dann selbst versichern
mußt. Zum Thema Krankenkasse lohnt es sich, den im Jahre 2001
veröffentlichten Artikel der Zeitschrift FINANZtest zu lesen;
er vergleicht private Krankenkassen und ist online auf der
Website der Stiftung Warentest zu kaufen.

Als Gewerbetreibender mußt du natürlich Steuern zahlen. In
der Regel ist davon abzuraten, die Regelung des Kleinstgewerbe-
treibenden anzunehmen. Diese Regelung berechtigt dich, bis zu
einem bestimmten Jahresumsatz keine Mehrwertsteuer in Rechnung
stellen zu müssen. Sie hat jedoch den entscheidenden Nachteil,
dass du dann auch nicht mehr Vorsteuer abzugsberechtigt bist,
d.h. die scheinbar zuviel gezahlte Mehrwertsteuer bei Betriebsausgaben
kann nicht vom Finanzamt zurückgefordert werden. Ab einem bestimmten
Umsatz mußt du auch Gewerbesteuer zahlen (der Hebesatz, d.h. die Höhe
der zu zahlenden Gewerbesteuer, ist regional abhängig) und
wirst außerdem zu einer doppelten Buchhaltung (T-Konten) sowie
zur Bilanzierung verpflichtet.

Gleichermaßen hält die Industrie und Handelskammer (IHK) ab
einem bestimmten Jahresgewinn auch die Hand auf, sprich: ab
einem bestimmten Jahresgewinn kostet die bis dato kostenlose
Mitgliedschaft. Über den Zweifel dieser Mitgliedschaft läßt
sich sicherlich streiten, dennoch sollte man die Beratungskraft
der IHK nicht unterschätzen.

Es ist zu empfehlen, sich zunächst beim Finanzamt und der
lokal ansässigen IHK umfassend zu informieren. Das Finanzamt
gibt eine kleine Broschüre für angehende Selbständige heraus,
dessen Lektüre sich lohnt. Weiteres Infomaterial findet man
ebenfalls beim Bundes- und Landwirtschaftsministerium.

Danach sollte man sich überlegen, sich einen Steuerberater zu
suchen. Es mag vielleicht im ersten Geschäftsjahr ausreichen,
die Steuererklärung selbst zu machen, jedoch ist ein Steuerberater
eine nicht zu unterschätzende Hilfe. Doch auch hier gilt: ein
Steuerberater will bezahlt werden, und diese Bezahlung richtet
sich unter anderem nach deinem Jahresumsatz.

Und damit kommen wir zum eigentlichen Kern: der Preisbildung.
Leider ist es oft so, dass viele (insbesondere Schüler) sich
nicht im Klaren sind, dass eine unternehmerische Tätigkeit nicht
nur Geld einnehmen bedeutet, sondern auch das Geld ausgeben
beinhaltet. Wir möchten hier nur mal einige Punkte an notwendigen
Ausgaben auflisten, die auf einen Selbständigen zukommen:

- Versicherungen: u.a. Vermögensschadenshaftpflicht, Betriebshaftpflicht
  (z.B. ab 1.800,-- EUR/Jahr)

- Rechtsanwaltsgebühren: Ausarbeitung einer AGB, Ausarbeitung von
  eventuell Lizenzverträgen (falls man Produkte verkaufen will).
  Interessante Quellen sind hier http://www.redmark.de/ (Vertragswerke
  zum Online-Kauf) sowie http://www.online-beratung.com/ (juristische
  Online-Beratung)
  
- Gebühren für den Steuerberater

- Gebühren für IP-Verbindung (evtl. Standleitung, DSL oder Einwahl),
  Betrieb eines Webservers mit der eigenen Webpräsenz
  
- Gebühren für die Krankenkasse (Tipp: in jungen Jahren unbedingt
  überprüfen, ob eine private KV Sinn macht)
  
- Gebühren für eine Berufsunfähigkeits- und Rentenversicherung.
  Du bist Unternehmer. Als Unternehmer bist zu verpflichtet, Risiken
  einzugehen. Als Unternehmer zahlt dir *niemand* Krankheitsausfälle
  und Urlaube. Du mußt für dich selbst sorgen.
  
- Gebühren für Telefon (Kundengespräche)

- Fahrtkosten (nicht alles läßt sich per Telearbeit erledigen) für
  PKW/Bahn/Taxi
  
- Werbungskosten (Flyer, Anzeigen, nicht alles läßt sich per 
  Mundpropaganda erledigen)
  
- Erstellung eines Firmenlogos, Design von ordentlichen Visitenkarten
  und Briefpapier (selbstgemachte Visitenkarten sieht man das
  "selbstgemacht" häufig an)
  
- Aufwände für die eigene Fortbildung in Geld (Seminare,
  Weiterbildungskurse, Besuche von Messen) und in Zeit (idR gehen
  oft >= 30% der verfügbaren Zeit für die eigene Weiterbildung
  drauf. Gerade bei einer schnelllebigen Sprache wie PHP ist
  Weiterbildung Pflicht)
  
- Aufwendungen für den Kauf von Büchern zur Fortbildung (da sind
  schnell mehrere hundert bis tausend EUR pro Jahr zusammen)
  
- Zeitaufwendungen für Buchhaltung. Als Unternehmer ist man zur
  Führung einer ordentlichen Buchhaltung verpflichtet.
  
- Bildung von Rückstellungen: ab einem bestimmten Umsatz/Gewinn ist
  man zur Einkommensteuer*vorauszahlung* verpflichtet. Das bedeutet,
  dass das Finanzamt bereits für das kommende Geschäftsjahr eine
  Steuervorauszahlung verlangt, die zügig bezahlt werden muß
  
- Bildung von Rückstellungen für unerwartete Ausgaben

- notwendiger Kauf von Hardware, in der Regel ein moderner Arbeitsrechner,
  zusätzlich eventuell ein Laptop und PDA.
  
- notwendige Lizenzierungsgebühren von Software (Office-Produkte,
  Modellierungstools etc.)
  
- von zu Hause aus arbeiten ist schön und bequem, auf die Dauer aber
  nicht praktikabel, zumal dich irgendwann die Kunden besuchen wollen.
  Ergo benötigst du Geld für Büro (geht auch innerhalb der eigenen
  Wohnung), Miete, Strom etc.
  Es lohnt sich, sich bei der lokalen IHK nach Gründungszentren zu
  erkundigen.
  

Das sind nur einige, wenige Punkte, die dich Geld kosten. Zusätzlich
mußt du viele weitere Punkte beachten: du bist juristisch verpflichtet,
dem Kunden eine Dokumentation zur Verfügung zu stellen; für die Form der
Rechnungsstellung gelten bestimmte Vorschriften etc. Beachte auch, dass
viele Auftraggeber nicht binnen drei bis vier Tagen zahlen, sondern es
oftmals vier bis acht Wochen (!) dauert, bis das Geld auf dem Konto ist.

Hier heißt es also abermals zu planen, und zwar nicht kurzfristig, sondern
langfristig. Plane bereits beim Einstieg, wo du dich in fünf bis zehn
Jahren siehst. Damit hilfst du dir selbst, deiner eigenen Pleite
vorzubeugen.

Wie du siehst, sind das eine Menge Kosten. Hast du dir am Beginn dieses
Kapitels vorgestellt, 10,-- EUR/h für Softwareentwicklung zu verlangen?
Wenn ja, dann solltest du deine Preisgestaltung nochmals überdenken. Und
vielleicht weißt du auch jetzt, warum manche Selbständige/Firmen mit
Stundensätzen von 100,-- bis 300,-- EUR arbeiten müssen.

Wir können dir hier keine Pauschalantwort zu den Stundensätzen geben.
Diese hängen sehr stark von deinen Kosten ab. Außerdem spielen regionale
Faktoren eine große Rolle. Einen guten Text zum Thema Preisbildung bei
Selbständigen findest du auf

   http://www.manfred-kunde.de/selbst/preisbildung.html

Bevor du dich also selbständig machst, solltest du dir ein paar Wochen
Zeit für die Planung nehmen. Informiere dich bei den zuständigen Behörden
und Institutionen und nimm eventuell die Hilfe eines Wirtschaftsberaters
in Anspruch, damit du dein Unternehmen bereits von Anfang an auf einen
gesunden Boden stellst.

Willst du all diese Vorarbeit nicht auf dich nehmen, so solltest
du dir überlegen, dich in eine Festanstellung zu begeben und das
Unternehmertum sein zu lassen.

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