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Re[2]: [php] SID in den Bookmarks

Re[2]: [php] SID in den Bookmarks

Werner Stuerenburg php_(at)_phpcenter.de
Thu, 28 Jun 2001 18:29:36 +0200


> Bei Sessions hat sich jedoch ein Grundkonzept
> herauskristallisiert, das immer gleich ist - wieso also neu
> implementieren und Zeit ver- schwenden? Sollte man sich nicht
> lieber auf die eigentliche Applikation konzentrieren?

Genau das kann das Ergebnis einer Entwicklung sein: alle sind
sich einig, daß man die richtige Lösung gefunden hat, mit der man
auf Dauer glücklich ist. So geschehen im Falle von php oder
phpMyAdmin. Dann kann zweierlei passieren: die Sache bleibt so
(phpMyAdmin) oder sie wird als solche weiterentwickelt (php).

Höchstwahrscheinlich wird aber eines Tages einer kommen und
irgendwo ganz anders bei 0 anfangen. Er wird seine Gründe haben.
Vielleicht hat er die Standardlösung durchgearbeitet und
verstanden und möchte seine Kräfte erproben, indem er eine eigene
Lösung baut. Dabei hat er naturgemäß viele neue gute Ideen, die
zu einem völlig anderen Produkt führen. Es muß also gar nicht
unbedingt Voraussetzung sein, daß er mit dem Vorbild unzufrieden
ist.

Bei mir persönlich war es so, daß ich nicht nachvollziehen
konnte, weshalb alle Leute auf Phorum oder htDig geschworen
haben. Ich habe dann von udmSearch erfahren, konnte das aber
aufgrund von notwendigen Voraussetzungen nicht einsetzen. Heute
sehe ich, daß die State of the Art-Präsenzen nicht mehr htDig
einsetzen, sondern udmSearch, was ich vom Standpunkt des
Benutzers aus nur begrüßen kann.

Freuen wir uns also nicht nur über die, die vorhandene Systeme
weiter pflegen und ausbauen, sondern auch über die, die es wagen,
gebahnte Pfade zu verlassen und das Risiko des Scheiterns auf
sich zu nehmen mit der Chance, wunderbare neue Entdeckungen zu
machen. Es gibt glücklicherweise unterschiedliche Temperamente.
Im übrigen richtet sich die Entscheidung auch nach anderen
Kriterien, z. B. nach dem Entwicklungsstand, nach der sonstigen
Belastung, nach den bisherigen Erfahrungen usw.

Noch etwas: bestehende Systeme neigen dazu, selbstgefällig zu
werden. Die nächste Generation neigt dazu, gegen diese erstarrten
Systeme zu rebellieren und ihr eigenes Ding zu machen. Die ganze
Open Source-Bewegung ist ein gutes Beispiel dafür. Sie zeigt
schon sehr viele Zeichen für eine Konsolidierung. Man verteilt
Meriten, man erwirbt eine Position, es bildet sich eine Aura
heraus, man schreckt nicht vor der Konstruktion einer Hall of
Fame zurück (man könnte meinen, dieses sei satirisch gemeint, ist
es aber wohl nicht).

In den Anfangszeiten des Internet wurden die Regeln ebenso
sorgfältig herausgearbeitet, die Autoren blieben jedoch
weitgehend anonym. Genau diese anarchische Demokratie, die in den
Newsgroups eine breitere Basis fand, ist das eigentliche
Phänomen. Hier wurde der Beweis erbracht, daß menschliche Systeme
sich selbst regulieren können auf der Basis ein sachlicher
Entscheidungen.

Bei php bin ich mir heute nicht mehr ganz sicher, ob diese
sachliche Bezogenheit überall vorrangig waltet. Die PHPLIB und
die Sessions sind ein sehr schönes Beispiel dafür. Nach meinem
Eindruck ist die PHPLIB von außen an php herangebracht und sehr
stark beworben worden, ohne jemals offiziell Anerkennung zu
finden.

Das mag damit zu tun haben, daß eine der treibenden Kräfte, oder
besser gesagt: die treibende Kraft hinter der PHPLIB, Kristian
Köhntopp, nie gezögert hat, ordentlich auf die Entwickler von php
einzudreschen und deren Dummheiten an den Pranger zu stellen, was
diese wahrscheinlich nicht gern gehört haben.

Die PHPLIB hat jedenfalls zum Ziel gehabt, offensichtliche Mängel
von php zu ergänzen. Dazu gehörten die Sessions. Diese sind
jedoch nicht übernommen worden, sondern der Kern hat sich
entschlossen, eine eigene Lösung anzubieten, die damit natürlich
in offene Konkurrenz zur PHPLIB getreten ist. Das war, so sehe
ich das jedenfalls, eine Retourkutsche.

Insofern nichts Neues unter dieser Sonne. Letzten Endes geht es
um immer dasselbe, nämlich Ego, weil das das einzige ist, was wir
haben. Alles andere ist abgeleitet, Geld, Macht etc.

Die erweiterten Kommunikationsmöglichkeiten durch die neuen
Medien machen es nun möglich, daß das "Fußvolk" seine Macht
ausspielen kann, indem sich nämlich bessere Lösungen
herumsprechen und damit eine Abstimmung mit den Füßen gemacht
wird. Wenn die Leute sich umentscheiden, wer kann sie daran
hindern?

Dasselbe ist übrigens der Fall bei unseren modernen Märkten. Kein
Wirtschaftsboß kann diese Kräfte lenken. Daimler-Chrysler mußte
diese Lektion gerade lernen. Möglicherweise ist Bill Gates dabei,
ebenfalls diese Erfahrung zu machen. Ich rechne jedenfalls damit,
daß er, wenn nicht bei der nächsten Windows-Generation, dann bei
irgendeiner anderen den Bogen soweit überspannt haben wird, daß
die Leute sich umentscheiden.

Das Pentagon hat jedenfalls gerade entschieden, wenn ich das
richtig verstanden habe, auf Microsoft-Software zu verzichten
(sie sollen angeblich Star Office einsetzen), und mehr und mehr
lese ich, daß die Leute die Vorzüge von Opera entdecken, was ja
immerhin schon ziemlich lange existiert.

Man kann das übrigens schon aus der Weltgeschichte lernen: die
Sache bleibt spannend, komme was da wolle.



-- 
Herzlich
Werner Stuerenburg            

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